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Wie lange kann man abgemahnt werden?

Immer wieder fragen Ratsuchende, wie lange sie noch mit Abmahnungen rechnen müssen. Meistens versetzt ihnen die erste Abmahnung einen derartigen Schreck, dass sofort alles gelöscht wird, was mit Tauschbörsen zu tun hat. Alle Programme – KaZaA, BitComet, BitTorrent, Transmission, Vuze (ehemals Azureus) und µTorrent – haben für immer ausgedient und fliegen von der Festplatte. Häufig löschen die Nutzer auch gleich alle Dateien, die sie heruntergeladen haben.

Was bleibt ist das schlechte Gewissen und die Angst, dass noch mehr Abmahnungen kommen können. Diese Befürchtung ist nicht aus der Luft gegriffen. Wer Tauschbörsen nutzt, nutzt sie in der Regel nicht nur einmal. Häufig werden über einen längeren Zeitraum mehrere Filme oder Musikstücke heruntergeladen, ohne dass der Nutzer sich darüber im Klaren war, dass er das urheberrechtlich geschützte Werk damit gleichzeitig Anderen zum Download anbietet, also öffentlich zugänglich macht. Plötzlich wird dem Abgemahnten klar, dass er über Jahre fremde Rechte verletzt hat und befürchtet weitere Konsequenzen.

Andere Abgemahnte stellen fest, dass ein Fremder unberechtigt ihr WLAN mit genutzt hat und über Tauschbörsen urheberrechtlich geschützte Werke angeboten hat. Auch in diesen Fällen steht zu befürchten, dass derjenige nicht nur einmal in einer Tauschbörse unterwegs war, sondern womöglich über Jahre verschiedene Urheberrechtsverletzungen begangen hat.

Immer wieder wird gefragt, „wie weit die denn zurück gehen“. Hierzu muss man ersteinmal klarstellen, dass niemand im Nachhinein ermitteln kann, was von einem bestimmten Anschluss heruntergeldaen wurde. Spezialisierte Ermittlungsunternehmen überwachen im Auftrag eines bestimmten Rechteinhabers die Tauschbörsen und „notieren“ während der Download erfolgt die jeweilige IP-Adresse. Jetzt ist Eile geboten, denn die Internetprovider speichern die IP-Adressen iher Kunden maximal eine Woche. Mit Hilfe eines Gerichtsbeschlusses werden die Internetprovider gezwungen, die zugehörige Adresse herauszugeben. Damit hat der Rechteinhaber alle Daten, um seinen Anwalt mit der Abmahnung zu beauftragen.

Nun können der Rechteinhaber und sein Anwalt sich Zeit lassen. Der mit der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch verjährt erst nach drei Jahren zum Jahresende. Wenn also im Laufe des Jahres 2010 eine Urheberrechtsverletzung entdeckt wurde, hat der Rechteinhaber bis Ende 2013 Zeit, die Abmahnung zu verschicken. Praktisch sind die Zeiten sehr viel kürzer. Häufig liegen uns Abmahnungen über Verstöße vor, die erst vier bis fünf Wochen zurück liegen.

Vor allem bei Musik geht es inzwischen ausgesprochen schnell. Die Abmahner konkurrieren wahrscheinlich untereinander darum, der Erste zu sein, der einen bestimmten Nutzer abmahnt. Die erste Abmahnung wird von Vielen noch akzeptiert und bezahlt. Erst wenn die Summen nicht mehr mal eben gezahlt werden können, erhalten die Abmahner kein Geld.

Wer anwaltlich gut beraten ist, sorgt vor und lässt vorbeugend Unterlassungserklärungen gegenüber den Rechteinhabern abgeben, von denen er Abmahnungen befürchtet. Dann ist der Unterlassungsanspruch bereits erfüllt und später abmahnende Rechteinhaber gehen leer aus.

Aber zurück zur Frage, wie lange man mit Abmahnungen rechnen muss. In der Regel liegt die beanstandete Tauschbörsennutzung nicht länger als sechs bis acht Monate zurück. Aber es gibt auch Ausnahmen. Hin und wieder graben Waldorf Frommer Rechtsanwälte Datensätze aus, die bereits vor mehreren Monaten erfasst worden sind, aber jetzt erst abgemahnt werden. Spitzenreiter war diese Woche die Kanzlei BaumgartenBrandt aus Berlin. Sie mahnte am 8. Oktober 2010 im Auftrag der KSM GmbH eine angeblich bereits am 05. September 2009 protokollierten Tauschbörsennutzung des Films Kill Theory ab. Nach so langer Zeit ist es für den Anschlussinhaber nahezu unmöglich, festzustellen, wer der Täter war. In Betracht kommt jeder Besucher, der Zugang zum Internet hatte oder auch ein Nachbar. Wer war denn damals zu Besuch? Wer durfte den Internetzugang benutzen? War das WLAN damals verschlüsselt? Sicher verschlüsselt?

Es bleibt zu hoffen, dass auch Gerichte Verständnis dafür zeigen, dass der Anschlussinhaber sich nach so langer Zeit nicht mehr an die eigentlich unbedeutende Tatsache erinnern kann, wer den Internetzugang noch genutzt hat. Mit der langen Wartezeit nehmen die Rechteinhaber sich selbst den Vorteil, den der BGH ihnen mit der Darlegungslast für Anschlussinhaber gerade erst gegeben hat.

Wenn Sie Fragen zu einer Abmahnung oder Unterlassungserklärungen haben, rufen Sie uns unter der Telefonnummer 030/32301590 an. Wir helfen Ihnen gern.

Rechtsanwalt Florian Sievers, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

Autor: Rechtsanwalt Florian Sievers, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht


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