Mobilität im Markenrecht
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs können Kraftfahrzeuge und Fahrräder ähnliche Waren im markenrechtlichen Sinne sein, Urteil vom 15. Oktober 2020, Aktenzeichen I ZR 135/19.
In dem entschiedenen Fall klagte die Inhaberin zweier Marken namens „PEARL“, die für „Fahrräder“ bzw. „Fahrräder und Fahrradteile“ eingetragen sind. Beklagt war ein Autohersteller, der Inhaber der jüngeren Marke „PURE PEARL“ ist, u. a. eingetragen für „Fahrzeuge“, „Apparate für Beförderung auf dem Lande“ sowie „Kraftfahrzeuge“. Die Klägerin sah ihre Markenrechte verletzt und klagte auf Unterlassung. Nachdem die Klägerin in der ersten Instanz Erfolg hatte, wies das Berufungsgericht die Klage ab. Es war der Ansicht, dass zwischen Kraftfahrzeugen und Fahrrädern eine absolute Warenunähnlichkeit bestehe und daher zwischen den sich gegenüberstehenden Marken keine Verwechslungsgefahr anzunehmen sei. Eine Verwechslungsgefahr ist nämlich von vornherein ausgeschlossen, wenn die Waren oder Dienstleistungen einander unähnlich sind, also der Abstand der Waren oder Dienstleistungen groß genug ist. Der Bundesgerichtshof war allerdings anderer Ansicht. Das Gericht führte aus, dass Kraftfahrzeuge anders als Fahrräder zwar generell mit einem Motor betrieben würden und die rechtlichen und technischen Anforderungen andere seien. Allerdings hätten beide Fortbewegungsmittel einen ähnlichen Verwendungszweck bezüglich des Zurücklegens von Entfernungen. Es ist vorstellbar, dass die Nutzung eines Fahrrads als Alternative zur Nutzung eines Kraftfahrzeugs angesehen wird – jedenfalls, soweit Kraftfahrzeuge und Fahrräder zur Fortbewegung in einem beschränkten räumlichen Bereich, etwa in Städten, eingesetzt werden, um kurze Entfernungen zurückzulegen. Vor diesem Hintergrund sei nicht von absoluter Warenunähnlichkeit auszugehen. Der Bundesgerichtshof verwies die Sache zurück an das Berufungsgericht, das nun neu entscheiden muss.Fahrrad statt Auto für kurze Wege