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LG Köln bejaht Anwendbarkeit der MFM-Tabelle – Urteil vom 24.08.2017, Az.: 14 O 111/16

Urteil

Das LG Köln hat in einer ganz aktuellen Entscheidung zum Fotorecht u.a. die Anwendbarkeit der MFM-Tabelle bejaht, Urteil vom 24.08.2017, Az.: 14 O 111/16.
Die Entscheidung des LG Köln vom 24.08.2017, Az.: 14 O 111/16 behandelt aber neben der Anwendbarkeit der MFM-Tabelle eine ganze Reihe von typischen Fragen im Fotorecht wie beispielsweise die Anwendbarkeit des § 32 ZPO bei Urheberrechtsverletzungen im Internet (sog. fliegender Gerichtsstand), die Vermutung für die Urheberschaft gemäß § 10 UrhG, Streitwerte im Fotorecht und eben die Anwendbarkeit der „Bildhonorar-Tabellen“ der Mittelstandsgemeinschaft Foto Marketing (MFM-Tabelle).

Tatbestand des Urteils des LG Köln

Der der Entscheidung des LG Köln vom 24.08.2017 zugrundeliegende Sachverhalt ist ebenso simple wie alltäglich: Die Beklagte nutze drei simple Lichtbilder (keine Lichtbildwerke, vgl. zum Unterscheid unsere FAQ´ s zum Fotorecht) des Klägers auf der Handelsplattform eBay und auf der eigenen Website zur Bebilderung der von ihr vertriebenen Produkte ohne Erlaubnis des Klägers. Der Kläger mahnte die Urheberrechtsverletzung ab und forderte die Beklagte auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, sowie Schadensersatz für die unerlaubte Nutzung der drei Lichtbilder in Höhe von 4.340,00 EUR zu zahlen und die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (Abmahnkosten) zu erstatten.
Die Beklagte wies sämtliche Ansprüche zurück.

Das Urteil des LG Köln vom 24.08.2017, Aktenzeichen.: 14 O 111/16

Mit Urteil vom 24.08.2017 verurteilte das LG Köln die Beklagte zur Unterlassung, zur Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von 3.472,00 EUR zzgl. Zinsen, sowie zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Den Streitwert setze das Gericht auf insgesamt 22.340,00 EUR fest. Zur Begründung führte das LG Köln u.a. wie folgt aus:

„Fliegender Gerichtsstand“ bei Urheberrechtsverletzungen im Internet

Erste erfreuliche Überraschung ist, dass das LG Köln völlig zu Recht von der Anwendbarkeit des § 32 ZPO ausgegangen ist. § 32 ZPO ist ein besonderer Gerichtsstand, nämlich der der „unerlaubten Handlung“. § 32 ZPO eröffnet dem Kläger ein Wahlrecht: Er kann die Klage überall dort anhängig machen, wo entweder die Verletzungshandlung begangen wurde oder wo der Verletzungserfolg eingetreten ist, sog. „Erfolgsort“. Der Erfolgsort bei der Veröffentlichung eines Fotos im Internet ist überall dort gegeben, wo das Foto abgerufen werden kann, also letztlich im gesamten Bundesgebiet.
Seit dem BGH-Urteil vom 21.April 2016, Az.: I ZR 43/17 – „An Evening with Marlene Dietrich“ gilt dies sogar für Verletzungen, die von Ausländern begangen werden. Das LG Köln führt dazu, wörtlich aus:

„Der Erfolgsort einer unerlaubten Handlung im Sinne von § 32 ZPO ist bei einer behaupteten Verletzung des Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte durch ein öffentliches Zugänglichmachen des Schutzgegenstands über eine Internetseite im Inland belegen, wenn die geltend gemachten Rechte im Inland geschützt sind und die Internetseite (auch) im Inland öffentlich zugänglich ist“.

Bei Urheberrechtsverletzungen auf ausländischen Internetseiten reicht es also aus, dass diese Internetseiten auch in Deutschland abrufbar sind.
Nicht mehr erforderlich ist, dass sich die jeweils angegriffene Internetseite auch „bestimmungsgemäß“ an ein deutsches Publikum richten muss. Der BGH hat das Kriterium des „bestimmungsgemäßen“ in seiner An-Evening-With-Marlene-Dietrich-Entscheidung ausdrücklich aufgegeben.

Die „Vermutung“ der Urheberschaft gemäß § 10 UrhG

Erfreulich ist an der Entscheidung des LG Köln vom 24.08.2017 ist dann weiter die konsequente Anwendung des § 10 UrhG.
Viele Gerichte erschweren die Ahnung von Rechtsverstößen häufig dadurch, dass sie unnötig hohe Anforderungen an den Nachweis der Urheberschaft bzw. der sog. Aktivlegitimation stellen. Dem hat das LG Köln eine klare Absage erteilt – auch im Hinblick auf die insofern eindeutige Entscheidung des BGH vom 18.09.2014, Az.: I ZR 76/13 – „CT-Paradies“. Sind Fotos im Internet mit Nennung des vermeintlichen Urhebers eingestellt, wird die Urheberschaft dieser Person „vermutet“. Das gilt auch dann, wenn die Fotos auf der eigenen Internetseite eingestellt werden und dort mit einer Urhebernennung versehen sind.
Besteht eine „Vermutung“ ist es regelmäßig Aufgabe der Gegenseite, diese zu entkräften. Das ist in Fotorechtsfällen ein unschlagbarer Vorteil, weil es der Gegenseite so unmöglich gemacht wird, einfach die Urheberschaft „pauschal“, also ohne ein einziges Argument, zu bestreiten. Es ist Aufgabe der Gegenseite, eine Vermutung zu entkräften, sie muss konkret darlegen, warum die Vermutung für die Urheberschaft im konkreten Fall nicht geltend soll. Im vorliegenden Fall konnte dazu – wie so oft – nicht das Geringste vorgetragen werden.

Anwendbarkeit der MFM-Tabelle

Herzstück der Entscheidung des LG Köln vom 24.08.2017, Az.: 14 O 111/16 ist aber die Bejahung der Anwendbarkeit der MFM-Tabelle zur Berechnung des Schadensersatzes in Fotorechtsfällen.
Die Frage, ob die „Bildhonorare“ der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM), kurz die „MFM-Tabelle“ für die Berechnung des Schadensersatzes in Fotorechtsfällen herangezogen werden kann, wurde in den letzten Jahren kontrovers diskutiert und wird auch heute noch von den verschiedenen Gerichten sehr unterschiedlich bewertet. Das LG Köln entschärft diese oft irrational geführte Debatte mit einer sauberen Argumentation.
Ausgangspunkt ist die sog. Lizenzanalogie: Steht fest, dass der Verletzer dem Grund nach zum Schadensersatz verpflichtet ist, kann der Verletzte unter mehreren Varianten der Schadensberechnung wählen, wobei in den allermeisten Fällen die Berechnung nach „Lizenzanalogie“ gewählt wird. Danach kann der Schadensersatzanspruch „auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletze als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Dabei ist für die Berechnung des maßgeblichen objektiven Werts der Benutzungsberechtigung darauf abzustellen, was vernünftige denkende Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten“.
Das LG Köln führt in der Entscheidung wörtlich aus:

„Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen. Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Verletze selbst bereit gewesen wäre, für seine Benutzungshandlungen einer Vergütung zu zahlen und welchen Wert der Verletze in Nachhinein der Benutzung beimisst.“

Und weiter:

„Die von dem Kläger zur Bemessung seines Schadensersatzanspruches herangezogen Bildhonorar-Tabellen der Mittelstandgemeinschaft Foto Marketing werden regelmäßig als in der Branche der Bildagenturen und freien Berufsfotografen übliche Regelung der Lizenzsätze für die gewerblich Nutzung von Lichtbildern und deshalb als Ansatz für die richterliche Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO angesehen.“

Allerdings sei, so das LG Köln die MFM-Tabelle „nicht schematisch anzuwenden, sondern unter Einbeziehung sämtlicher individuelle Sachverhaltsumstände gegebenen falls zu modifizieren, da die Einzelfallumstände eine realitätsnähere und damit aussagekräftiger Grundlage für die Schätzung der angemessenen Lizenzgebühren bieten“.
Und genauso sieht dann auch die Lösung im konkreten Fall aus:
Das LG Köln berechnet den Schadensersatz für die Fotos zunächst nach der MFM-Tabelle. So rechnet es beispielsweise für eines der drei streitgegenständlichen Bilder – für das Lichtbild „Werhter´s Original“ – für die Nutzungsdauer von bis zu einem Jahr ein Grundhonorar in Höhe von 310,00 EUR. Da das Foto in einem Onlineshop genutzt wurde, kommt laut MFM-Tabelle ein 50%iger Aufschlag hinzu (mithin 155,00 EUR), so dass sich das Honorar auf 465,00 EUR erhöht. Da das Foto aber nicht nur auf einer Webdomain, nicht nur auf der Handelsplattform eBay, sondern auch auf der eigenen Webseite genutzt wurde, ist nach der MFM-Tabelle ein weiterer 25%iger Zuschlag auf Grundhonorar (mithin 77,50 EUR) hinzuzurechnen. Bei strikter Anwendung der MFM-Tabelle ergibt sich ein Honorar in Höhe von 543,50 EUR.

Der 100%ige Aufschlag bei unterlassener Urhebernennung

Weiter sieht die MFM-Tabelle einen 100%igen Aufschlag vor, wenn der Urheber nicht genannt wird. Auch in dem vom LG Köln zu entscheidenden Fall, war der Urheber nicht genannt. Allerdings hat das LG Köln hier die konkreten Umstände des Einzelfalls einfließen lassen. Der Kläger war kein professioneller Fotograf, kein Berufsfotograf. Das aber ist das Leitbild der MFM-Tabelle. Der Berufsfotograf hat aufgrund der damit einhergehenden Werbewirkung ein berechtigtes und auch monetär darstellbares Interesse, als Urheber seiner Bilder genannt zu werden, um so möglicherweise Folgeaufträge zu akquirieren. Dieses Interesse fehlt dem Nicht-Berufsfotograf. Auch vorliegend wollte der Kläger nicht seine Bilder, sondern die Produkte, von denen er Bilder gemacht hatte, verkaufen. Dann aber ist ein Aufschlag für die unterlassene Urhebernennung nicht gerechtfertigt. Hier nahm der konkrete Fall aber nochmal eine Wendung, weil sich der Kläger ausnahmsweise doch selbst bei seinen eigenen Fotos als Urheber ausgewiesen hatte. Damit habe der Kläger, so das LG Köln zum Ausdruck gebracht, dass „eine Zuordnung der Lichtbilder zu seiner Person für ihn von Bedeutung“ war. Das Interesse sei mit dem eines Berufsfotografen vergleichbar, weshalb zumindest ein 50%iger Aufschlag gerechtfertigt sei.
Allerdings wies der konkrete Fall dann eine weitere Besonderheit auf, die es am Ende dann doch wieder rechtfertigte, einen 100%igen Aufschlag zuzusprechen: Der Beklagte hatte nicht lediglich auf die Nennung des Klägers als Urheber verzichtet, er hatte seine eigenen werbliche Bezeichnung auf die Fotos aufgebracht und damit den Anschein erweckt, er sei selbst Urheber der Fotos. Darin erblickte das LG Köln zurecht einen „gesteigerten Eingriff in den Zuweisungsgehalt der urheberrechtlichen Nutzungsrechte des Klägers“.
Schlussendlich sprach das Gericht den 100%igen Aufschlag zu, so dass sich für alle drei Fotos ein Schadensersatzbetrag in Höhe von insgesamt 4.340,00 EUR errechnete.
Das LG Köln erachtet aber aufgrund der Tatsache, dass der Kläger in dem vorliegenden Fall selbst kein Berufsfotograf war, wohingegen sich die MFM-Tabelle an professionell gezahlten Bildhonoraren orientieren, einen Abschlag in Höhe von 20% für gerechtfertigt. Schlussendlich sprach das Gericht also anstatt des sich bei strikter Anwendung der MFM-Tabelle errechnenden Schadensersatzbetrages in Höhe von 4.340,00 EUR „nur“ 3.472,00 EUR zu.

FAZIT

Das Landgericht Köln hat in seinem Urteil vom 24.08.2017 klargestellt, dass die MFM-Tabelle regelmäßig zur Schadensschätzung im Fällen der unerlaubten Fotonutzung herangezogen werden kann.
Es mag im jeweiligen individuellen Fall Abschläge geben, aber grundsätzlich wird der zu leistende Schadensersatz nach der MFM-Tabelle berechnet.
Vorliegend kam es dann zu einem insofern „fairen“ Abschlag von 20%, eben weil der Kläger kein Berufsfotograf war.
Der Weg, den das LG Köln hier eingeschlagen hat, ist auch insofern konsequent, als dass die MFM-Tabelle zwischen den Tarifvertragsparteien „verbindlich“ ist und die MFM-Tabelle eben keine bloßen „Preisempfehlung“ ist. Gerichte, die den Schaden „frei“ schätzen – und davon gibt es leider immer noch genug –  maßen sich insofern bessere Kenntnis der Fotobranche an, als ein Verband, der zahlreiche namenhafte Bildagenturen wie Getty Images, StockFood, mauritius images, Catprint Media und viele mehr vertritt.
Wir gehen davon aus, dass sich die Anwendbarkeit der MFM-Tabelle zur Berechnung von Schadensersatzansprüchen im Fotorecht durchsetzen wird – auch an anderen Gerichten.

Sollten auch Ihre Fotos unerlaubt genutzt werden, setze Sie sich mit uns in Verbindung. Unsere Fachanwälte für Urheberrecht beraten Sie gerne. Die Erstberatung ist dabei garantiert kostenlos.

Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.

Rechtsanwalt Florian Sievers, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

Autor: Rechtsanwalt Florian Sievers, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht


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